22.10.2024

Aktuelles

„Äußerst sparsam“: Bericht von einem Besuch in der Ukraine

„Was, wohin wollt ihr fahren? In die Ukraine? Jetzt?“ Bei Freunden und Bekannten löste das Reiseziel von Katharina und Peter Block sowie Volker Neuhöfer nur Unverständnis aus. Fünf Tage lang hielten sie sich im äußersten Westen des Landes auf. Eine landschaftlich reizvolle Gegend, für einen Urlaub ideal. Doch Erholung war nicht der Reisezweck für die Drei aus Leopoldshöhe und Oerlinghausen. Vielmehr informierten sie sich über die Situation der Kinder und Jugendlichen, die von Lippe aus unterstützt werden.

Seit mehreren Jahren haben Mitglieder des kleinen Vereins „Help up mit Herz und Hand“ auch diese Gegend besucht, die als Bukowina bezeichnet wird. „Czernowitz, die frühere Hauptstadt, hat eine wechselvolle Geschichte und eine multinationale Bevölkerung. Rose Ausländer und Paul Celan verfassten dort ihre Gedichte“, berichtete Volker Neuhöfer. „Heute halten sich viele Binnenflüchtlinge in der Stadt auf, weil sie vom Kriegsgeschehen weit entfernt ist.“ Das friedliche Umfeld hatte auch die Leitung des Kinderheimes „Vaterhaus“ in Kiew bewogen, die mehr als 200 jungen Bewohner in diese Region im Westen des Landes für eine jeweils einwöchige Freizeit zu schicken. Hier leben sie jetzt in einem Feriencamp und verbringen eine unbeschwerte Zeit. Sie sind zumeist Kriegs- und Sozialwaisen. Ihre Eltern können häufig nicht ermittelt werden, denn vor dem Hintergrund des Kampfgeschehens bleibt für eine zentrale Vermisstendatei keine Zeit.

Während ihres Aufenthalts wurden die Besucher aus Lippe eines Nachts durch Sirenen geweckt – Luftalarm. „Jedes Mal wird das ganze Land gewarnt“, erfuhr Neuhöfer. „Wenn mehr Informationen bekannt sind, wird für die nicht betroffenen Regionen wieder Entwarnung gegeben.“ Unsicher haben sie sich jedoch zu keiner Zeit gefühlt.

Zahlreiche Familien haben mehrere Kinder des Heims aufgenommen, obwohl sie bereits für ihre eigenen sorgen müssen. Die Gäste aus Deutschland hatten bereits im vergangenen Jahr einige Familien zu Hause rund um die Hauptstadt Kiew besucht und erhielten Einblick in die Wohnverhältnisse, die zwangsläufig recht beengt und sehr einfach sind. „Die Versorgung ist gesichert, aber sehr bescheiden“, stellte Volker Neuhöfer fest. Die Mahlzeiten der Kinder und Jugendlichen bestehen hauptsächlich aus Kartoffeln und Nudeln, es gibt Brot und natürlich Buchweizengrütze, weil sie preiswert ist. In den Geschäften sind alle Lebensmittel erhältlich, aber die Preise seien merklich angestiegen, haben die Besucher erfahren.

Nikolaj Kaminski, ehrenamtlicher Leiter des „Vaterhauses“, beschrieb die Situation mit den Worten: „Wer Geld hat, kann alles bekommen. Aber was wir uns im vergangenen Jahr noch leisten konnten, ist jetzt nicht mehr möglich.“ Die bescheidene staatliche Unterstützung reiche bei weitem nicht, sagte er. Daher ist die finanzielle Unterstützung von „Help up mit Herz und Hand“ hoch willkommen, die seit dem russischen Überfall jeden Monat geleistet wird. Die Mittel werden sehr vorsichtig ausgegeben. „Mein Eindruck ist, dass die Betreuungskräfte äußerst sparsam mit unseren Spendengeldern umgehen“, stellte Neuhöfer fest. Kaminski riet sogar davon ab, Süßigkeiten als Gastgeschenk zu kaufen – auch dieses Geld sei besser in Lebensmitteln angelegt. Auf Anraten von Kaminski kauften die Besucher daher Äpfel, Bananen und Wassermelonen – für die Kinder ein geradezu ein seltenes Festmenü.

Das Camp werde gut geführt, die jungen Bewohner seien sauber und gepflegt gekleidet, stellten die Besucher fest. „Trotz allem Elend wirkten die Kinder glücklich“, meinte Volker Neuhöfer.

Zur Unterstützung der genannten Kinder und Jugendlichen bittet der gemeinnützige Verein „Help up mit Herz und Hand“ weiterhin um Geldspenden (Konto: IBAN DE77 4825 0110 0005 1169 91, Stichwort: Ukraine).

Praktische Hilfe

Das Unternehmen Fliesenwelt Bembenek in Leopoldshöhe-Greste wird zum Jahresende aufgelöst. Einen Teil des Restbestands hat der Inhaber Sebastian Grieger dem Verein „Help up mit Herz und Hand“ angeboten, der sofort dankbar zugriff. Das Hilfsprojekt in der Ukraine hatte Bedarf. Denn im Sommercamp für Kinder und Jugendliche wurde ein neuer Bodenbelag für den Speiseraum gebraucht. Die Fliesen unterschieden sich zwar in Größe und Stärke, aber dennoch ist daraus ein kunstvoll zusammengestelltes Muster entstanden. Als Grieger das Werk auf Fotos sah, war er so begeistert, dass er jetzt noch weitere 15 Tonnen Fliesen spendete.

Vereinsmitglied Peter Block (links) und Sebastian Grieger (rechts)

Eine Küche geht auf Reisen 

Unser Verein erhielt eine wertvolle Sachspende der Sparkasse Herford

Eine sehr willkommene Spende konnte am 12. Oktober 2024 von der Sparkasse Herford für das Kinderheim Ojtec dim (Vaterhaus) in der Ukraine gesichert werden. Peter Block und Volker Neuhöfer wurden dabei von vielen Freunden unseres Vereins beim Beladen der Küche unterstützt. Insbesondere gab es viele helfende Hände der Humanitären Hilfe aus Bielefeld, mit denen unser Verein schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet.

Aufgrund eines Standortwechsels der Sparkassenkantine wurde die alte Gastroküche dort nicht mehr benötigt. Nikolaj Kaminski, unsere Kontaktperson zum Kinderhaus, hatte sich die Küche schon vor zwei Monaten angeschaut und war hocherfreut über diese Spende. „Für uns ist das eine wirklich große Erleichterung, da wir uns dort im Moment nur mit einer provisorischen Küche helfen“, sagte Nikolaj Kaminski. Mit „dort“ ist ein Standort des Vaterhauses in den Karpaten der westlichen Ukraine gemeint. Kaminski ist sich sicher, dass die Küche für eine sehr lange Zeit für das leibliche Wohl der Kinder sorgen wird.

Mitglieder unseres Vereins und der Humanitären Hilfe Bielefeld nach dem Beladen des Lastwagens